Back to Wonderland

Die Sonne hatte gerade begonnen ihren Kreis zu ziehen, als das junge Mädchen aus ihrem Schlaf erwachte. Ihr goldenes Haar breitete sich wie ein Fächer um sie aus, als sie sich auf den Rücken drehte. Sie gähnte herzhaft und richtete sich langsam auf. Ihr Blick viel auf die verschlossene Tür, in der etwas zu Leuchten schien. Schon seit Wochen erging es ihr jeden Morgen so. Leise seufzend richtete sie sich auf. Ob sie sich wohl jemals trauen würde, die Tür zu öffnen? Sie strich sich das blau-weiße Kleid zurecht und trat näher zur Tür.
Je näher sie kam, desto heller begann das Schlüsselloch zu leuchten. Mit der Hand auf der Türklinke zögerte sie. Als ob sie wüsste, das ihr Leben sich nach dem Betreten verändern würde. Sie atmete tief durch und öffnete die Tür. Was sollte schon passieren? Es war ihr 18. Geburtstag, vielleicht würde dort eine Überraschung auf sie warten? Immerhin fühlte sie sich noch nie davon so angezogen wie heute.
Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, stutzte sie. Der Raum war leer...lediglich ein großer Spiegel stand in der Mitte, welcher von der aufgehenden Sonne beleuchtet wurde. Dies musste das Leuchten sein, welches sie täglich durch das Schlüsselloch sehen konnte. Langsam trat sie näher, ein nervöses Gefühl breitete sich in ihr aus. Als sie vor dem Spiegel stand neigte sie ihren Kopf leicht zur Seite. Als die Sonne ihren Kreis weiter zog, und das Zimmer sich wieder verdunkelte, veränderte sich das Spiegelbild. Anstatt ihres blau-weißen Kleides konnte sie nun ein dunkles, rot-schwarzes Kleid sehen, bei genauer Betrachtung meinte sie sogar Blutflecken zu sehen. Ihr Blick glitt langsam nach oben. Langes schwarzes Haar ging bis zur Hüfte und grüne Augen sahen ihr entgegen. Erschrocken wich das Mädchen zurück. Irgendetwas in ihr sagte Ihr, dass sie diese Person kannte. Mehrmals tief durchatmend trat sie wieder näher, doch das Bild war verschwunden. Doch auch ihr eigenes Spiegelbild war nicht mehr zu sehen. Prüfend lehnte sie sich leicht nach vorne, legte eine Hand flach auf die Spiegelfläche. Und ehe sie sich versah, gab der Spiegel nach. Das Gleichgewicht verlierend, stürzte sie in den Spiegel hinein.
Das Zeitgefühl völlig verloren landete das Mädchen sanft auf dem Boden. Der Raum war umgeben von mehreren Spiegeln, die sie förmlich einschlossen."Willkommen im Wunderland Alice! Bist du bereit für ein neues Abenteuer?" Die tiefe Stimme war furchterregend doch auch angenehm. Sie konnte sich vorstellen, wie er Geschichten vorlas. "Wer bist du?" erklang ihre zaghafte Stimme, welche in dem Raum wiederhallte. "Trink mein Kind und du wirst alles erfahren..." Der Boden unter ihr schien sich aufzulösen und sie fand sich auf einer Wiese wieder. Vor ihr erstreckte sich ein großer See, welcher ebenfalls zu leuchten schien. In ihrer Hand hielt sie eine kleine Teetasse, welche mit blauen Schmetterlingen verziert war...

5 Jahre waren vergangen, nachdem Alice das Wunderland verlassen hatte. 5 Jahre in denen das schwarzhaarige Mädchen zurück gelassen wurde. Besagtes Mädchen befand sich noch immer in einer Zelle, einer Zelle, die sie bereits als ihr Zuhause anerkannt hatte. Jeder ihrer Bewegungen wurden von einem Klirren begleitet. Seit sie 3 Wachen getötet hatte, musste das Mädchen Hand- und Fußschellen tragen. Ihr langes dunkles Haar war zerzaust und Blut verschmiert, so wie der Rest ihres Körpers und ihrer Kleidung.
Wie hatte das alles nur so kommen können? Sie erinnerte sich noch genau an ihren letzten Tag in Freiheit. Sie und ihre Zwillingsschwester hatten endlich erfahren, was das Wunderland war und wieso sie dort hin gelangt waren. Im Endeffekt war dies alles nur Imagination. Nach dem grauenhaften Tod ihrer Eltern hatten sie sich in diese Welt geflüchtet und viele neue Freunde gefunden. Und nachdem sie die Wahrheit erfahren, als sie aus dem See der Wahrheit getrunken hatten, beschlossen sie zurück in ihre Welt zu kehren. Im Raum der Spiegel überließ sie Alice den Vortritt, im Nachhinein wären sie wohl besser Hand in Hand hindurch gegangen. Denn kurz nachdem Alice durch den Spiegel verschwand, stürmten die Wachen der Herzkönigin in den Spiegelraum. Sie nahmen das Mädchen mit sich, so sehr sie sich auch wehrte. Von dem Tag an war das Leben für sie förmlich beendet. Jeden Tag wurde sie gefoltert, misshandelt und zum Gespött aller. Die Herzkönigin wollte die Magie von dem Mädchen für sich haben, doch so sehr sie das Mädchen quälte, es schien einfach nicht zu funktionieren. Also begann sie das Mädchen psychisch zu zerstören, zwang sie alte Freunde im Wunderland zu töten und ganze Teile des Landes zu zerstören. Mit einem gebrochenen Willen und um die wichtigsten Personen ihres Lebens zu beschützen, begann das Mädchen ihre Gefühle abzustellen und Aufträge der Königin zu erfüllen...